Meine ganz spezielle Ringelnatz-Seiten
Allerneueste Forschungsergebnisse (Teil 1)
Logik
Die Nacht war kalt und sternenklar,
da trieb im Meer bei Norderney
ein Suahelischnurrbarthaar.
Die nächste Schiffsuhr wies auf drei.
Mir scheint da mancherlei nicht klar,
man fragt doch, wenn man Logik hat,
was sucht ein Suahelihaar
denn nachts um drei am Kattegat?
Joachim Ringelnatz
Das
von Literaturwissenschaftlern bisher als rein fiktiv eingestufte
Suahelischnurrbarthaar aus dem Gedicht „Logik“ von Joachim Ringelnatz
wurde am Strand der Insel Norderney von mir bei einem Spaziergang
entdeckt! Übersät mit in der Morgensonne glitzernden Wassertropfen lag es – zu einem Fragezeichen geringelt – auf einem flachen Stein. Dies könnte ein bedeutsamer Hinweis darauf sein, dass auch das Haar selbst nicht wusste, was es all die Jahre eigentlich im Meer zu suchen hatte. Eine Haar-Analyse ergab übrigens keine Drogenrückstände! So bleibt die Frage nach dem Motiv wohl für immer ein Geheimnis. Logisches Denken ist sowieso nur selten der richtige Weg, um ein Rätsel zu lösen und kann, wie im vorliegenden Fall, sogar in die Irre führen. Ich bitte, diese Anmerkung aber keinesfalls als Kritik an der doch sehr verständlichen Neugier des von mir hochverehrten Dichters aufzufassen. Experten für Völkerkunde haben inzwischen die Echtheit des Fundes bestätigt und sein Alter auf etwa 100 Jahre festgesetzt! Zur Zeit liegt das von dem weltbekannten Hairstylisten Alfredo Longo äußerst schonend gewaschene und geföhnte Prachtexemplar einbruchsicher in meinem Safe. Auf künftigen Buchmessen in Frankfurt und Leipzig wird es einer interessierten Öffentlichkeit präsentiert, bevor es dann bei SOTHEBY’S in London endgültig versteigert wird. Gebote können aber auch jetzt schon bei mir abgegeben werden! |
Wehmütiger Kommentar einer von mir sehr geschätzten Dichterfreundin aus dem fernen Griechenland:
Suahelischnurrbarthaardichterschmerz
Ein Dichter aus dem Alten Land
Krabbelt in aller Herrgottsfrühe
Über der Nordsee feuchten Strand;
Lohnte sich diese Morgenmühe?
Gebettet zwischen Teer und Sand
Fand er ein schwarzes Schnurrbarthaar
Das sich dort ringelnatzend wand
Bebend vor der Flut Gefahr.
Glasklar hat der Poet erkannt,
dies Haar kommt aus vergangnen Tagen’
Er rettet’ es mit zarter Hand,
Es liebevoll nach Haus zu tragen.
Doch dann gewinnt die Oberhand
In des Finders Dichterdenken
Leider der praktische Verstand:
‚Ich habe doch nichts zu verschenken!’
Das Haar das er im Sande fand
Kommt ganz prosaisch unter’n Hammer:
Nun kriegt’s ein reicher Ignorant
Zu aller armen Dichter Jammer.
Copyright by Melitta Kessaris
Melitta Kessaris, ich und sicher auch Joachim Ringelnatz freuen sich über die nachstehenden Zeilen:
Hallo Fred,
war gerade googelnderweise in Sachen Suahelischnurrbarthaar unterwegs im Netz und bin dabei auf Deine Seite gestoßen.
Einfach
genial, die Geschichte mit dem Haar, die Du da geschrieben hast. Was
Melitta daraus gemacht hat, ist auch sehr beeindruckend.
Danke dafür und schöne Grüße aus dem Elsass.
Christian Schill
Christian-Schill@web.de
Hier einige Informationen, die ich meinen Besuchern nicht vorenthalten möchte:
Ursprüngliche Nachricht — Von: „Frank Moebus“ <frank.moebus@phil.uni-goettingen.de> An: „Fred Lang“ <fred.lang@t-online.de Betreff: Suahelischnurrbarthaar gefunden! Haben Sie sehr herzlichen Dank, lieber Herr Lang! Freilich muß ich Sie enttäuschen: Besagtes Suahelischnurrbarthaar befindet sich schon seit 1919 im Archiv der Familie des Dichters. Es ist dem Joachim-Ringelnatz-Museum qua testamentarischer Verpflichtung längst zugesichert worden; die dafür dann neu einzurichtende Flachvitrine wird die Cuxhavener Friseur-Innung stiften. Mit großem Bedauern Ihr Frank Möbus —————————- Mein Kommentar: Der inzwischen verstorbene Professor Dr. Frank Möbus war Vorstandsmitglied der Joachim-Ringelnatz-Stiftung, die das Cuxhavener Ringelnatz-Museum begründet hat. Sein rührender Versuch, in letzter Minute eine Versteigerung zu verhindern, ist aber kein hinreichender Grund einen Besuch dieser Seite nicht wärmstens zu empfehlen: http://www.ringelnatzstiftung.de/ —————————————— —–Ursprüngliche Nachricht—– Von: Uwe Wagner Betreff: Suahelischnurrbarthaar Sehr geehrter Herr Lang, ist Ihnen eigentlich schon aufgefallen, dass dem auch von mir hochgeschätzten Dichter ein gravierender Fehler unterlaufen ist? Ich führe ihn (den Fehler) jedoch unter der Rubrik „dichterische Freiheit“. Ringelnatz hat den Schwimmort des Suahelihaares in das Meer bei Norderney gelegt, eine Insel der Nordfriesischen Inseln in der südlichen NORDsee. Das Kattegatt hingegen liegt auf der Westseite von Dänemark, somit im nördlichen Teil der OSTsee. Mit freundlichen Grüßen Uwe Wagner 54°13’38“N 09°30’44“E —————————- Mein Kommentar: Sehr geehrter Herr Wagner, bitte entschuldigen Sie meine etwas verspätete Antwort auf Ihren Hinweis, den ich mit großem Interesse gelesen habe und für den ich mich herzlich bedanken möchte. Ich war wieder einmal im Urlaub in Dänemark (Skagen). Diesmal habe ich allerdings nichts gefunden, was auch nur im Entferntesten mit Joachim Ringelnatz in Verbindung gebracht werden könnte. Die Mülltonne am Strand, in der ich den von aller Welt ja verloren geglaubten Bumerang entsorgt hatte, war übrigens leer. Inzwischen bedaure ich meine doch etwas allzu spontane Handlungsweise. Aber sie ist nun mal nicht mehr rückgängig zu machen und ich muss damit leben. Nun zu Ihrer Frage. Nein, mir ist dieser gravierende Fehler bisher nicht aufgefallen, und wenn Sie gestatten, werde ich Ihre absolut zutreffende Richtigstellung auf meiner speziellen Ringelnatz-Seite veröffentlichen. Ich denke im Übrigen, dass damit dem Andenken an den von uns nach wie vor hochgeschätzten Dichter keinerlei Schaden zugefügt wird. Sollten Sie trotzdem Bedenken haben, so bitte ich um eine kurze Nachricht. Mit freundlichem Gruß Fred Lang —– Ursprüngliche Nachricht Von: Franz Kimmel Betreff: Das Zankapfel-Schnurrbarthaar Verehrter Herr Lang, angeregt durch ein Thema im Yachtforum, wo fragwürdige Dichter Wüstes von sich geben, habe ich nach dem Suahelischnurrbarthaar in der Kattegattsuppe gesucht und den Beitrag des aufmerksamen Herr Wagner gefunden. Dazu möchte ich als kleinkarierter Segler, dem eine fehlerfreie Navigation ein Anliegen ist, dem Zeigefinger hebenden Herrn Wagner zurufen: Wer im geogrphischen Glashaus sitzt, soll nicht mit Schnurrbarthaaren werfen. Norderney ist eine Ostfriesische Insel und das Kattegatt liegt auf der Ostseite von Dänemark. außerdem gehört das Kattegatt nicht zur Ostsee, auch nicht zum nördlichen Teil. Aber sonst ist alles richtig. Außerdem werde ich auf der nächsten Reise die Suche nach dem Haar einstellen, da ich ja auf Ihrer Seite erfahren habe, dass das Haar bereits ins Trockene gebracht wurde. Mit freundlichen Grüßen Franz Kimmel _______________ Mein Kommentar: Lieber Herr Kimmel, vielen Dank für Ihre humorvolle Klarstellung des Sachverhalts. Demnach steht also fest, dass Joachim Ringelnatz von seinem Recht auf dichterische Freiheit Gebrauch gemacht und die Ostfriesische Insel Norderney – vielleicht auch, weil es sich mit „hat“ gut reimt – kurzerhand ins Kattegat verschoben hat. Nachstehend noch eine ergänzende Information: „Norderney (Ostfriesisches Plattdeutsch: Nördernee) ist eine der Ostfriesischen Inseln im Nordwesten Deutschlands, die dem Festland des Bundeslandes Niedersachsen zwischen der Ems- und Wesermündung in der Deutschen Bucht vorgelagert sind.“ „Das Kattegat (niederländisch: „Katzenloch“, dänische Aussprache [?kad?gad]) ist das 22.000 km² große Meeresgebiet zwischen Jütland (Dänemark) und der schwedischen Westküste. Bei Skagen grenzt es an das Skagerrak.“ Quelle: Wikipedia Im Übrigen freue ich mich, dass ich Ihnen durch die öffentliche Bekanntgabe meines Fundes eine mühevolle und vergebliche Suche ersparen konnte. Mit freundlichem Gruß Fred Lang |
Allerneueste Forschungsergebnisse (Teil 2)
Bumerang
War einmal ein Bumerang
War ein Weniges zu lang.
Bumerang flog ein Stück,
Aber kam nicht mehr zurück.
Publikum – noch stundenlang –
Wartete auf Bumerang.
Joachim Ringelnatz
Sensationeller Fund!
Die schon damals hier herrschenden – fast immer äußerst ungünstigen – Wetterverhältnisse waren sicher die Ursache des Absturzes, und durch die große Wucht des Aufpralls drang der Bumerang tief in den Boden ein.
Im Laufe der Zeit hatte sich zusätzlich eine dicke Schicht aus Sand und Geröll über dem Wurfgerät gebildet. Anscheinend ist sie erst vor kurzem durch eine sehr starke Gegenströmung wieder weggeschwemmt worden – was schließlich dann auch zu seiner Entdeckung geführt hat.
Dass es sich bei meinem Fund um den vor vielen, vielen Jahren auf die Reise gegangenen Bumerang handelt, steht für mich zweifelsfrei fest. Eine abschließende Begutachtung durch den bekannten Ringelnatzexperten Prof. Dr. Frank Möbus (Ehemaliges Vorstandsmitglied der Joachim-Ringelnatz-Stiftung) musste jedoch leider unterbleiben. Nach reiflicher Überlegung habe ich mich nämlich entschlossen, den für die literarische Welt gewiss sehr bedeutsamen Fund nicht der Öffentlichkeit zu übergeben, sondern ihn an Ort und Stelle zu entsorgen. Vor allem aber auch, um internationalen Verwicklungen vorzubeugen.
Die Dänen sind auch über 70 Jahre nach dem Ende der Besatzungszeit nämlich immer noch mit Recht etwas empfindlich im Hinblick auf Geschosse und andere Kriegserinnerungen. Ein halb im Sand versunkener Betonbunker in unmittelbarer Nähe des Bumerang-Aufschlags kündet noch heute von der großen strategischen Bedeutung des Ortes zwischen Nord- und Ostsee.
Warum der Bumerang genau hier zu Boden ging, wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben. Vielleicht wollte ja der Dichter schon damals unsere nördlichen Nachbarn durch den Wurf des Bumerangs vorwarnen. Ein nicht ganz von der Hand zu weisender Gedanke!
Ich hoffe, dass dieser interessante Aspekt vor allem von Professoren und Studenten der Literaturwissenschaft gebührend beachtet und in Kommentaren und gelehrten Abhandlungen entsprechend gewürdigt wird.
Gewisse Anwürfe in Verbindung mit der öffentlichen Versteigerung des von mir seinerzeit am Strand von Norderney gefundenen Suahelischnurrbarthaares, aber auch die bisher enttäuschend geringe Höhe des aktuellen Gebotes in Höhe von nur 47,11 Euro, erleichterten mir außerdem den Entschluss, meinen Fund ohne allzu große Gewissensbisse in die nördlichste Mülltonne Dänemarks zu werfen. Die Dänen mögen ihre schönen Strände gerne sauber!
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Kommentar einer von mir sehr geschätzten Dichterfreundin aus dem fernen Griechenland:
Wühlzwang
Ein gewisser Dichter Lang
Hat einen sonderbaren Hang
Zum Wühlen in des Wattes Tang.
Er folgte seinem Stöberdrang
Und fand dort einen Bumerang:
Jedoch ein weniges zu lang.
Den dichterischen Überschwang
Er nur mit Mühe niederzwang;
Entsorgte ohne Sang und Klang
Ringelnatzens Bumerang.
Copyright by Melitta Kessaris
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Hier eine gelungene Variante meines Dichterfreundes Werner Fritz aus dem nicht ganz so weit entfernten Bayern:
War einmal ein Bumerang,
war nicht zu kurz und nicht zu lang.
Bumerang flog ein Stück,
kam zurück – traf mein Genick!
Im Himmel schimpfte ich noch lang
auf den blöden Bumerang.
Copyright by Werner Fritz
werner.fritz@t-online.de
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Und noch eine schöne Variante:
Der Ringelnatz
Joachim wurd‘ die Zeit zu lang,
da warf er einen Bumerang.
Bumerang nicht faul,
flog Ringelnatz aufs Maul.
Ringelnatz noch stundenlang
dacht‘ an diesen Bumerang!
Winfried Gorny – sehr frei nach Ringelnatz.
bumerang.projekt@t-online.de
Zum Schluss noch der Beitrag einer Expertin für Sinnliches: Beatrice von Stein.
BUMERANG
-gefunden-
Genau betrachtet finde ich
er ist nicht zu lang für mich.
Und er bereitet mir viel Glück
drum geb’ ich ihn auch nicht zurück.
Denn schließlich hat mein Bumerang
einen Mann – hintendran!
©BvS