30.5.23

Der verfluchte Staubsauger

Ein Gastbeitrag von Bettina Schmidt

Wie jedes Wochenende nahm sich Luise der ungeliebten Aufgabe an, ihre kleine feine Wohnung in Schuss zu bringen, obwohl es mangels anstehenden Besuchs eigentlich keine Notwendigkeit dazu gab. Bevor sie sich anschließend mit dem guten Gefühl, etwas Sinnvolles - naja, oder wenigstens etwas nicht Unsinniges - getan zu haben, zu einem entspannten und wohlverdienten Samstags-Schaumbad in die zuvor frisch geputzte Wanne niederlassen könnte, um diese mit neuem Dreck einzuweihen, der bei der ganzen Putzaktion wie ein klebriger Film an ihrem verschwitzten Körper haften würde. Sie wuselte also Putzlappen schwingend und ein fröhliches Liedchen auf den Lippen pfeifend, das sie von jedweden ungewollten Gedanken über den Wert ihrer Aufgabe ablenken sollte. Mit dem Rüssel vom Staubsauger in den Händen, brauste sie durch ihre Räumlichkeiten und ignorierte über das stete Summen des Geräts hinweg die erbosten Rufe ihrer Nachbarn. Es war schließlich nicht ihre Schuld, dass die Wände hier so dünn waren. Aber plötzlich vernahm sie ein noch tieferes Brummen, welches ihr ein Prickeln auf der Kopfhaut bescherte.

28.5.23

Der Champion

Auf den ersten Blick ist an dem Pferd, das als braunes Relief auf grauem Sandstein im MUSEUM ALTES LAND in Jork zu sehen ist, nichts Auffälliges zu entdecken. Erst beim Lesen der Inschrift wird klar, welch ein erstaunliches Beispiel an vorbildlicher Manneskraft den überraschten Besuchern präsentiert wird:
"CHAMPION. Brauner Hengst, geboren 1849 in England, deckte 24 Jahre auf der Station Jork und endete hier im Juni 1877"
Eine weiße Tafel informiert zusätzlich: "1854 wurde der Deckhengst Champion hier in Jork aufgestellt. Er war kräftig gebaut, zeigte energischen Gang und zeugte in 24 Jahren insgesamt eintausendachthundertfünfzig temperamentvolle Fohlen. Noch heute findet sich Championblut in den Pferden des Alten Landes."
Ich rechne nach: Das waren im Schnitt siebenundsiebzig Kinder pro Jahr!
Das Decken der rossigen Stuten ging übrigens noch mit dem guten alten - immer wieder schön anzusehenden - so genannten "Natursprung" über die Bühne.
Wohl so manchem jetzt vielleicht doch nachdenklich gewordenen Vater von - sagen wir mal - zwei Sprösslingen offenbart sich nun auf eine ganz neue Weise der tiefere Sinn des alten Sprichworts: "Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr!"
Auf ein Denkmal braucht er bei diesem wenig überzeugenden Nachweis der eigenen Kräfte allerdings nicht zu hoffen.

2.5.23

Von Liebeslust und Liebesduft

Unser "sexter" Sinn befindet sich nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen in der Nase, genauer gesagt in der Riechschleimhaut der vorderen Scheidewand. Im so genannten Jacobson'schen Organ. Im Gegensatz zu normalen Gerüchen, wie z.B. Rosenduft oder Mundgeruch, werden von diesem ganz besonderen Sensor ausschließlich Sexual-Lockstoffe (Pheromone) im wahrsten Sinn des Wortes erschnüffelt und dann über direkte Nervenbahnen ins Gehirn weitergeleitet. Dort lösen sie in Sekundenbruchteilen ganz unterschiedliche und vor allem unbewusste Reaktionen aus. Die Skala reicht von "Ich kann dich nicht riechen" über "Ich finde dich sympathisch" bis hin zu "Ich will dich! Jetzt! Sofort!"
Weit über 50 verschiedene Pheromone sind bisher beim Menschen in den Schweißdrüsen und im Genitalbereich entdeckt worden. Dazu gehören auch die Kopuline, die sich im Sekret der Vagina befinden. Sie sind dort besonders zahlreich während des Eisprungs vorhanden, um in den empfängnisbereiten Tagen die männliche Lust anzukurbeln. Durch ihre Freisetzung regen sie den Mann zur Ausschüttung von Hormonen an, welche wiederum seine Bereitschaft zur sofortigen Kopulation (Beischlaf) fördern. Die nicht minder stark wirkenden Androstene findet man besonders im Schweiß der Achselhöhlen des Mannes. Sie fördern bei der Frau unbewußt gleichfalls die Lust auf Sex.
In meinem kleinen Werk: „Anmerkungen zur so genannten Duldungsstarre bei weiblichen Schweinen“, das inzwischen zur Pflichtlektüre für angehende Verhaltensforscher zählt, habe ich unter anderem bereits die zweifelhaften Möglichkeiten aufgezeigt, die sich bei einer gezielten Weiterentwicklung des speziellen schweinischen Luststoffes auch für menschliche Eber ergeben würden. Sie könnten sich dann durch Versprühen des künstlichen Pheromons alle Frauen gefügig machen. Die Folgen wären nicht auszudenken!
Ein kleiner Schönheitsfehler würde allerdings immer das beiderseitige Vergnügen beeinträchtigen. Wie ihre tierischen Geschlechtsgenossinnen würden nämlich auch die Frauen in eine apathische Duldungsstarre verfallen und sie hätten daher nur sehr wenig Vergnügen - wenn überhaupt! - an der ihnen auf diese unfaire Art und Weise aufgezwungenen Zappelei der Männer gehabt. Was einige dieser Brutalos vermutlich trotzdem nicht davon abgehalten hätte, ihre schweinischen Triebe rücksichtslos auszuleben.
Zur Zeit wird noch eifrig daran geforscht, wie sich bei einer eventuell vorhandenen Antipathie das Signal beim Empfänger unterdrücken lässt. Kosmetik- und Pharmaunternehmen werden sicher daher in naher Zukunft die zu erwartende große Nachfrage nach speziell aufbereiteten Lockstoffen, allerdings zu entsprechend hohen Preisen, befriedigen - Risiken und Nebenwirkungen inklusive. Bis dahin gilt gleichermaßen für Frauen und Männer immer noch die alte Parole: "Ohne Schweiß kein Preis!"